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<-- back Sombre Philippe Grandrieux Frankreich, 1998 111 min, 689850368 bytes französisch mit englischen Untertiteln Sonntag, 16. Januar 2005, ab 21:00 Uhr Pirate Cinema Berlin Ziegelstrasse 20, Berlin-Mitte S Oranienburger Tor, U Oranienburger Strasse free entry, cheap drinks, bring a blank cd -------------------------------------------------------------------------------- Ort und Zeit der Produktion - sowie das "Thema" des Films - legen es nahe, Philippe Grandrieuxs "Sombre" eher dem Houellebecq-Dispositiv - der heterosexuelle bürgerliche Mann rationalisiert seinen Hass auf den Körper zu einer solitären Revolte gegen die Warenförmigkeit sexueller Beziehungen und wird zum Frauenmörder - zuzurechnen als unserer Serie "Filme von Männern, in denen Frauen vorkommen, 'Weiblichkeit' aber nicht als gottgegebene Grundessenz eines heterosexistischen Familienkinos, sondern als mit spezifischen Nachteilen verbundene soziale Konstruktion gezeigt wird" (siehe http://piratecinema.org/ index.php?page=20041017 und http://piratecinema.org/index.php?page=20041114). Eingefallen ist uns Grandrieux bei der Suche nach einem Film, der noch düsterer wäre als Todd Haynes' "Safe" - denn "Sombre" ist nicht nur das französische Wort für "dunkel" und, wie "Safe", ein Horrorfilm, sondern zudem über weite Strecken durch eine Schicht von Farbfiltern aufgenommen, die kaum mehr als dunkelblau durchlassen und Sie zunächst denken machen werden, unser Beamer sei kaputt. Auch wird es Ihnen vermutlich so vorkommen, als sähen Sie den Film von der falschen Seite aus, da fast alle Grossaufnahmen von hinten gefilmt sind und statt der Gesichter von Grandrieuxs Figuren deren Hinterköpfe und Nackenhaare zeigen. Der "spezifische Nachteil" für die Frauen, die in "Sombre" vorkommen, besteht darin, Jean, der männlichen Hauptfigur des Films zu begegnen, der, im Sommer und entlang der Strecke der Tour de France, Prostituierte und Zufallsbekanntschaften in sein Auto lockt und umbringt. Warum Claire stattdessen zu seiner Begleiterin wird, bleibt, wie vieles in diesem Film, lange im Dunkeln - bis Sie ihn verlässt und eine ganz andere Geschichte des bisher Gesehenen erzählt, die "Sombre" völlig unerwartet ins Allegorische umkippen lässt. Was Grandrieux statt eines Abspanns zeigt - die Kamera folgt, in Zeitlupe, einer Bergetappe der Tour de France, nimmt aber nicht das Rennen, sondern die am Streckenrand zwischen ihren Autos, Wohnmobilen und Gartenmöbeln stehenden, sitzenden und liegenden Zuschauer auf, wozu Serge Gainsbourgs "Les amours perdues" in der Version der Elysian Fields gespielt wird - ist, auf den ersten Blick, eines der besten Bilder, die das jüngere französische Kino vom "Sozialen" gemacht hat. Das allerdings (gern im Anschluss, an der Bar) danach zu befragen wäre, ob es die Ware gewordenen menschlichen Beziehungen bloss als zu Kitsch gefrorene einzelne Leben zeigt - eine 90er-Jahre-Version von David Lynchs winkendem Feuerwehrmann - oder ob am Ende von "Sombre" nicht doch ein kollektiver und kritischer Zustand zu sehen ist, der in etwas Besseres als Regression umzuschlagen verspricht und den aus dem literarischen Programm von Houellebecq - oder dem familienpolitischen der SPD - bekannten Schliessungen vollständig entgeht. Lange Sätze, seltsamer Film. -------------------------------------------------------------------------------- () >< pirate cinema berlin www.piratecinema.org <-- back |