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<-- back ======================================================================== Pirate Cinema Cologne ------------------------------------------------------------------------ Klassiker des urheberrechtsverletzenden Films ------------------------------------------------------------------------ Season 1: Die Zweckentfremdung (Guy Debord, René Viénet) ------------------------------------------------------------------------ Mittwoch 31. August bis Samstag 3. September 2005, jeweils ab 21:00 Uhr ------------------------------------------------------------------------ Büro DC, Von-Werth-Str. 32, 50670 Köln ------------------------------------------------------------------------ mit Jan Gerber, Sebastian Lütgert, Vorfilmen, Nachfilmen und Bar ------------------------------------------------------------------------ Eintritt und Kopien frei (Speichermedien bitte mitbringen) ------------------------------------------------------------------------ www.piratecinema.org + www.buerodc.de ======================================================================== ======================================================================== Pirate Cinema ------------------------------------------------------------------------ Der Begriff "Pirate Cinema" bezeichnet eine Vielzahl alltäglicher wie künstlerischer, derzeit größtenteils illegaler Aktivitäten, die sichtbar zu machen das Pirate Cinema Berlin - eine seit Sommer 2004 wöchentliche Serie von Screenings populärer wie unpopulärer Filmdownloads - sich zur Aufgabe gemacht hat. Seit die Filmindustrie mit dem Aufkommen von Peer- to-Peer-Netzwerken die alleinige Kontrolle über die Distribution von Kinofilmen verloren hat, haben sich rund um die Praxis des File-Sharing völlig neue Produktionsformen und Umgangsweisen mit digitalen Bildern entwickelt. Ganz entgegen der Annahme, das Downloaden von Filmen sei lediglich eine neue, juvenil-delinquent-konsumistische Form der "Elektronischen Einsamkeit", zeigt sich, dass das im Netz zirkulierende Bildmaterial sofort wieder in kollaborative Produktions- und Reproduktionskreisläufe eintritt. Tatsächlich ist bereits eine Generation von Filmemacher/innen auszumachen, die - vielfach in Anlehnung an das von den Situationisten als künstlerische Strategie entwickelte Prinzip der "Zweckentfremdung" - an neuartigen, zumeist urheberrechtswidrigen Verfahren zur digitalen Rekombination von Kinobildern arbeitet. Das ästhetische und politische Programm dieses "Pirate Cinema" geht über die Ansätze von "Remix Video" oder "Found Footage Film" weit hinaus: was es vorschlägt und bereits exemplarisch praktiziert, ist nicht weniger als die kollektive Wiederaneignung der Kunst des Kinos mit den Mitteln des digitalen Datenaustauschs. ======================================================================== ======================================================================== Klassiker des urheberrechtsverletzenden Films ------------------------------------------------------------------------ Bei der Betrachtung der Filme der Situationisten zeigt sich, dass das Verfahren der Zweckentfremdung einen absolut zeitgemässen Eindruck macht. Überall werden heute solche Filme hergestellt - wenngleich unter völlig veränderten Vorzeichen. Denn während der Skandal des Situationistischen Films noch im Zweck der Entfremdung, dem Angriff auf die politische Ökonomie der bewegten Bilder, gesehen wurde, nicht jedoch im Prinzip der Zweckentfremdung selbst, gilt heute, wo kaum jemand der Kritik des Spektakels mehr im Grundsatz widerspräche, jeder, der, zu welchem Zweck auch immer, die blossen Eigentumsrechte an den Bildern, aus denen das Spektakel sich zusammensetzt, ignoriert, als "Verbrecher". Wenn das "Pirate Cinema" (oder der "urheberrechtsverletzende Film") die Enteignung der Filmindustrie bezweckt, dann in der Hoffung, dass die Lösung des einen Problems - dass einem die Bilder nicht gehören - auch das andere löst: dass auf den Bildern nichts zu sehen ist. Dass auf den Bildern nichts zu sehen ist, ausser dem Vermögen (und mittlerweile sogar dem "Recht"), sie in Umlauf zu bringen, ist das eigentliche Produkt der Unternehmen, die sie verwalten - und was die Filmindustrie derzeit so sehr in Panik versetzt, ist weniger die Befürchtung, die Zahlungsmoral ihrer Kundschaft nehme durch das massenhafte Rauf- und Runterladen digitaler Filmkopien Schaden, als vielmehr die Aussicht auf einen gesellschaftlichen Zustand, in dem Millionen von Menschen über Bilder verfügen und diese selbst zu Filmen zusammensetzen, in denen Zusammen- hänge sichtbar würden, die sich nicht mehr kontrollieren liessen - so dass das Kino nicht bloss ruiniert, sondern endgültig abgeschafft wäre. ======================================================================== ======================================================================== Mittwoch, 31. August 2005, 21:00 Uhr ------------------------------------------------------------------------ Guy Debord, Society of the Spectacle, F 1973, französisch mit englischen Untertiteln, 88 Minuten, 879 MB Guy Debord, Refutation of All the Judgements, Pro or Con, Thus Far Rendered on the Film 'Society of the Spectacle', F 1975, französisch mit englischen Untertiteln, 22 Minuten, 217 MB ------------------------------------------------------------------------ Vorfilme: Robert Luxemburg, Millennium, D 2000, 30 Minuten; Robert Luxemburg, Die Negation und der Konsum in der Kultur, D 1998, 5 Minuten Nachfilm: Robert Luxemburg, The Coils of the Serpent, D 1999, variabel ------------------------------------------------------------------------ Guy Debords Verfilmung der "Gesellschaft des Spektakels" dürfte so etwas wie ein Klassiker sein - obwohl der Film weitgehend unbekannt ist. Gerade in einer Zeit, in der das "Spektakel" oft als "die Medien" missverstanden wird - denen dann auch noch eine angeblich natürlichere Realität entgegengesetzt wird, zu der es zurückzukehren gelte - lohnt es sich, noch einmal auf den Gedanken zurückzukommen, dass es sich beim Spektakel nicht um eine Welt aus Bildern, sondern um ein durch Bilder vermitteltes gesellschaftliches Verhältnis zwischen Personen handelt. Der Kapitalismus hat kein Problem namens Repräsentation, sondern die Repräsentation hat ein Problem namens Kapitalismus - deutlicher als in den Filmen von Debord ist das kaum jemals irgendwo zu sehen gewesen. ------------------------------------------------------------------------ mehr zur Gesellschaft des Spektakels: http://piratecinema.org/screenings/20040926 ======================================================================== ======================================================================== Donnerstag, 1. September 2005, 21:00 Uhr ------------------------------------------------------------------------ René Viénet, Can Dialectics Break Bricks?, F 1973, französisch mit englischen Untertiteln, 82 Minuten, 821 MB ------------------------------------------------------------------------ Vorfilm: Robert Luxemburg, This Is Not What The K Foundation Is About, D 2005, 30 Minuten Nachfilm: Robert Luxemburg, Can the Movie Industry Break File-Sharing?, D 2005, variabel ------------------------------------------------------------------------ Bereits 1967 festgestellt zu haben, dass man die Abschaffung des Kinos nicht allein Jean-Luc Godard überlassen sollte, ist nur eins der zahlreichen Verdienste von René Vienet. Mit "Can Dialectics Break Bricks?" hat er 1973 den "ersten vollständig zweckentfremdeten Film in der Geschichte des Kinos" hergestellt, indem er den (ansonsten unveränderten) Kung-Fu-Film "The Crush" von Doo Kwang Gee mit völlig neuen Dialogen versehen hat - womit er Guy Debords Filme nicht nur an formaler Radikalität übertrifft, sondern auch an Unterhaltungswert. ------------------------------------------------------------------------ mehr zu Can Dialectics Break Bricks?: http://piratecinema.org/screenings/20050206 ======================================================================== ======================================================================== Freitag, 2. September 2005, 21:00 Uhr ------------------------------------------------------------------------ René Viénet, The Girls of Kamaré, F 1974, japanisch mit englisch untertitelten französischen Untertiteln, 88 Minuten, 873 MB ------------------------------------------------------------------------ Vorfilm: Robert Luxemburg, The Day Before Tomorrow, D 2004, 30 Minuten Nachfilm: Robert Luxemburg, Absolution City, D 2005, variabel ------------------------------------------------------------------------ Bei den "Girls of Kamaré" handelt es sich - und zwar in voller Länge - um Norifumi Suzukis Sexploitation-Film "A Pair of Panties for Summer" (a.k.a. "Horror High School Women"), den Viénet entgegen des von der japanischen Tonspur intendierten Sinns neu untertitelt hat. Aus den High School Women wird dabei eine Gruppe revolutionärer Studentinnen, die im Verlauf des Films nicht nur den gesamten marxistischen Diskurs des Jahres 1974 nachvollziehen und verwerfen, sondern auch das bild- gewordene Elend jenes Porno-Films, in dem sie selbst gerade auftreten. ------------------------------------------------------------------------ mehr zu den Girls of Kamaré: http://piratecinema.org/screenings/20041010 ======================================================================== ======================================================================== Samstag, 3. September 2005, 21:00 Uhr ------------------------------------------------------------------------ Guy Debord, In girum imus nocte et consumimur igni, F 1978, französisch mit englischen Untertiteln, 95 Minuten, 699 MB ------------------------------------------------------------------------ Vorfilm: Robert Luxemburg, Le film est déjà téléchargé?, D 2005, 30 Minuten Nachfilm: Robert Luxemburg, Candle, D 2005, variabel ------------------------------------------------------------------------ Debords letzter und vermutlich bester Film, den er nach zwanzig Minuten Publikumsverspottung plötzlich ins Autobiografische kippen lässt und in dem er sichtbar macht, was die Ausgangbedingung des Situationistischen Programms zum Sturz des Regierens gewesen ist: keine historische Erbschaft oder theoretische Erkenntnis, sondern Alkoholismus und praktisches Dandytum - geschult an einem Stadtviertel, dessen Bewohner für einen präzisen, kurzen Zeitraum alle Mittel zur Produktion des eigenen Glücks erobert hatten und die mit schlechten Supermärkten, miesen Kinos und endlosem Berufsverkehr vollständig an die Peripherien zu zerstreuen noch Jahrzehnte dauern sollte. Einen so schwelgerischen und zugleich derart illusionslosen Film über die Zerstörung der europäischen Städte in den 60er und 70er Jahren kann man lange suchen. ------------------------------------------------------------------------ mehr zu In girum imus nocte: http://piratecinema.org/screenings/20050529 ======================================================================== ======================================================================== Weitere grundsätzliche Texte des Pirate Cinema ------------------------------------------------------------------------ Copyright und Godard http://piratecinema.org/screenings/20050220 BitTorrent und Simpsons http://piratecinema.org/screenings/20050327 Artefakte und Garrel http://piratecinema.org/screenings/20050612 Digitalisierung und Scorsese http://piratecinema.org/screenings/20050717 Piraterie und Apple http://piratecinema.org/screenings/20050724 Kopieren und Hitchcock http://piratecinema.org/screenings/20050828 ======================================================================== <-- back |