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<-- back Sunday, January 7, 8 pm Tucholskystr 6, 2nd Floor www.piratecinema.org/location Steal This Film (Part 1) 2006, 32 min, 337 MB www.stealthisfilm.com Trailer Park Boys (Season 1) 2001, 141 min, 6 x 173 MB www.trailerparkboys.com Free entry Cheap drinks Copies to go -------------------------------------------------------------------------------- Ein frohes neues Jahr, und nochmal ganz von vorne. Pirate Cinema heisst, auf die kürzestmögliche Formel gebracht: "Schütze deine Rechte!", auf Kopieren und Kopiertwerden, und zwar vor einer Kulturindustrie, die unter dem Vorwand, die Rechte sogenannter Urheber, meist schlecht bezahlter, wenn nicht gar irgendwann einfach verhungerter Kulturproduzenten, deren Überreste, falls begraben, oft schon vor Jahrzehnten vom Friedhof geräumt worden sind, zu vertreten, ihr unbedingtes Monopol auf die Massenproduktion und den weltweiten Vertrieb von Kulturwaren gegen jeden kulturellen, sozialen oder technischen Fortschritt zu verteidigen versucht, ihre Kundschaft lieber im Knast als im Internet sähe und ihre prozentual grössten Umsatzzuwächse nicht mehr beim Kulturwarenverkauf, sondern durch das staatlich sanktionierte Eintreiben von Schutzgeldern, sogenannter Urheberrechtsabgaben auf Computer und Speichermedien, erzielt. Denn breites Internet und dicke Festplatten sind in der Tat schwer im Kommen, macht das unautorisierte Kopieren von Kulturwaren doch, je nachdem, wessen Statistiken man glaubt, bis zu zwei Drittel des weltweiten Datenverkehrs aus. Bei zwei Dritteln davon dürfte es sich um den Up- und Download von Filmdateien handeln, wovon wohl wiederum zwei Drittel auf Fernsehserien entfallen, deren Gebrauchswert, in heruntergeladener Form, den konventionell ausgestrahlter TV- Programme in jeder Hinsicht übertrifft: keine Werbung, keine Synchronisation und keine Sendezeiten. Vor allem letzteres hat zu einer irreparablen Veränderung des Fernsehverhaltens breiter Publikumsschichten geführt, die Serien nicht mehr in der empfohlenen Dosierung, also Woche für Woche von Cliffhanger zu Cliffhanger, sondern saisonweise am Stück anzusehen bevorzugen - und zwar unabhängig davon, wann (nämlich in der Regel erst Jahre später oder nie) und wo (nämlich in der Regel nur in ausgewählten Regionen oder nirgends) diese Nachfrage sich auch durch den Erwerb von Produkten - überteuerter, unpraktischer und zudem durch Kopierschutz weitgehend unbrauchbar gemachter DVDs - befriedigen liesse. Im Falle der Trailer Park Boys verletzt die Kulturindustrie ihre Pfilcht zur Geldvermehrung in besonders krasser Weise, indem sie auf die Ausstrahlung der kanadischen Serie in weiten Teilen der Welt schlicht verzichtet. So dass auch wir auf das vermutlich zweit- bis drittbeste Fernsehformat der letzten fünf Jahre statt im Fernsehen erst durch einen ausdrücklichen Hinweis dreier schwedischer Raubkopierer (deren BitTorrent-Tracker, übrigens mit denselben Initialen, für einen nicht unerheblichen Teil des schwedischen Internet-Traffics verantwortlich ist - siehe z.B. www.de-bug.de/blog/archives/1026.html - und die als Hauptakteure in unserem Vorfilm auftreten), aufmerksam geworden sind. Dabei wären die Trailer Park Boys gerade hierzulande das perfekte Gegenwarts-, nämlich: Unterschichts-Fernsehen. Die fiktive Dokumentar-Serie über den Alltag in einer kanadischen Wohnwagensiedlung zeigt eine Parallelgesellschaft derart fortgeschrittenen Zustands, dass die individuellen Dramen und kollektiven Katastrophen, in denen das Totalversagen sozialer Fremd- wie Selbstkontrolle alle paar Minuten kulminiert (Gewaltausbrüche, Haushaltsunfälle und zahllose Verstösse gegen Bewährungsauflagen) zur neben Alkohol und Drogen einzigen Unterhaltungs- und wichtigsten Erkenntnisquelle geworden sind: Selbstreflexion als eine am eigenen Ruin gutgelaunt und scharfsinning teilnehmende Beobachtung. Trashigstmögliche Aufklärung gesellschaftlicher Zustände betreibt die Serie aber nicht nur bei Themenwahl, Dramaturgie und Besetzung - in den Hauptrollen Julian (der in jeder - wirklich jeder - Einstellung einen Drink in der Hand hält, sogar noch beim Aussteigen aus einem qualmenden Autowrack) und Ricky (der in einem solchen Autowrack wohnt und auch in der englischen Sprache nicht wirklich bei sich oder zu Hause ist) - sondern auch beim Einsatz formaler Mittel: im Verlauf der zahlreichen Schiessereien kann es schon mal passieren, dass versehentlich der Sound-Assistent angeschossen wird und die ohnehin bereits überforderten Protagonisten für den Rest der Szene den Ton selber angeln müssen. Trailer Park Boys ist sowas wie die Rache der Realität, getarnt als Fiktion, am Reality-TV. Andererseits, und damit soll es dann für heute gut sein, ist Pirate Cinema nun auch kein Dienstleistungsunternehmen, das bloss die unentgeltliche Hilfe bei der Überwindung überholter Geschäftsmodelle, die Selbstbemusterung mit aktuellen oder zukünftigen Kulturwaren, die kostenlose Erstellung von Werbetexten und die wöchentliche Verteilung von Gratisexemplaren an eine begehrte Zielgruppe im Sinn hätte. Es geht uns schon tatsächlich ums Prinzip: dass eine Grundordnung, in der sich alle alles gegenseitig rauf- und runterladen, sehr viel freiheitlicher und demokratischer ist als eine, in der die Nutzungsrechte an Kulturprodukten alle paar Jahre ablaufen, dass das Problem von Filesharing-Netzwerken nicht in ihrer möglichst unverzüglichen Abschaffung, sondern in ihrer möglichst unverzüglichen Ausdehnung auf Einkommensregionen unterhalb von 10 Dollar am Tag besteht, und dass die Mafia der Urheber, Verwerter und Rechteinhaber - da trifft sich das Vokabular der Trailer Park Boys mit der Conclusio von Theweleits bereits in Pirate Cinema Season One mal von hier aus verlinktem und ziemlich schönem Text über Godard und die Filmindustrie - uns 365 Tage im Jahr am Arsch lecken kann. -------------------------------------------------------------------------------- () >< pirate cinema berlin www.thepiratebay.org <-- back |