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<-- back Zur Berlinale haben wir, was die Clubs, die uns damals am besten gefielen, zur Love Parade hatten, nämlich: geschlossen. -------------------------------------------------------------------------------- Ins Kino kann ich, wenn ich tot bin (Berlin Alexanderplatz Redistributed) In bloss zwei Wochen Berliner Kulturspam allein von den Kunstwerken gleich dreimal, in jeweils verschiedenen Worten und zunehmend dringlichem Ton, auf ein- und dieselbe Filmvorführung hingewiesen zu werden, ist, Aufmerksamkeitsökonomie hin oder her, ein doch eher seltenes Vergnügen. "Zum ersten" und vorerst letzten "Mal in der Filmgeschichte" nämlich, sowie zugleich "zum 25. Todesjahr des erfolgreichsten deutschen Nachkriegsregisseurs", wenn auch erst nach Tom Tykwer, Sönke Wortmann und Guido Knopp (sofern die nicht bereits als Vorkriegsregisseure gezählt werden müssen), kommt dessen "ungewöhnliche und faszinierende Arbeit", "Höhepunkt seines Schaffens", sein "radikalstes und persönlichstes Werk", warum nicht "Meisterwerk" oder gar "eines der filmischen Meisterwerke der letzten Jahrzehnte", auf die weisse, rechteckige und "große Leinwand", und zwar zum nicht etwa überfälligen sondern "krönenden Abschluss einer" nicht etwa stümperhaften sondern "aufwändigen Restaurierung, bei der der Film mit" nicht etwa schrottreifer sondern "modernster Technik digitalisiert und bearbeitet wurde", wozu "neben Kulturstaatsminister Bernd Neumann und Berlinale Chef Dieter Kosslick namhafte Größen aus Politik, Wirtschaft und Showbusiness" (und wem's noch nicht reicht: "musikalisch begleitet von Max Raabe & dem Palast Orchester") "erwartet werden", kurz: "eine Premiere der ganz besonderen Art" a.k.a. "Gala Premiere", und wer den Startschuss ("TICKETS ZUR GALAPREMIERE UND ZUM ANSCHLIESSENDEN EMPFANG SIND AB SOFORT IM VORVERKAUF") verpasst hat, dem bleibt nur noch der "Endspurt: Restkarten für Gala im Admiralspalast" ("49,00 Euro pro Karte inkl. VIP-Empfang") "jetzt im freien Verkauf". Spam eben, wenn auch eine spezielle Sorte, die statt für Penny Stocks oder Viagra für Fassbinders "Berlin Alexanderplatz" wirbt, die sich aber mit halbwegs moderner Digitaltechnik, die das Erstarren einer Sprache zu Phrase und Vorrat schneller erkennt als selbst Karl Kraus an einem guten Tag, vollautomatisch wegfiltern liesse, mitsamt der angehängten Einladung zu "Berlin Alexanderplatz: Remastered" in der Volksbühne und zu "Berlin Alexanderplatz - eine Ausstellung" in den Kunstwerken, deren Presseabteilung zumindest ahnt, dass die blosse Digitalisierung den Graben, der zwischen Ausstellungswert und Gebrauchswert von fünfzehneinhalb Stunden Fassbinder klafft, nicht zu schliessen vermag, und die daher "die außerordentlichen Bilder von Berlin Alexanderplatz" ("freier, innovativer Umgang mit Bildern", "vielschichtige Bild- und Zeitebenen", "beeindruckende, visuelle Sprache" usw.) vor allem mit der kuratorischen Konzession, niemanden zu zwingen, sie sich anzuschauen, bewirbt, also betont, "dass die BesucherInnen verschiedene Möglichkeiten der Betrachtung wählen" bzw. "die AusstellungsbesucherInnen aktiv entscheiden" können, "wie sie sich Berlin Alexanderplatz erschließen", d.h. "sich die extrem lange Dauer des Films individuell einteilen" (z.B. "sich Folgen erneut anschauen oder die Ausstellung mehrfach besuchen") wollen - oder eben nichts von alledem. Auf welche Weise das Kino von der Gemeinschaft all jener, die sich für Bilder interessieren, zu einer Lobby geworden ist, die deren Betrachtung um jeden Preis zu verhindern versucht, zu einem Laden, der in Feierlaune nur noch gerät, wenn sich das Verrecken seiner besten Leute jährt, zu einer Firma, die fünfundzwanzig solcher Jahrestage braucht, um fünfzehneinhalb Stunden Film von sechzehn auf fünfunddreissig Millimeter zu kopieren und ins Kino zu bringen, verrät der "Newsletter 2004/2005" ("Gleich zu Anfang gibt es eine besonders gute Nachricht: Wir haben unsere Website 'modernisiert'.") der "Rainer Werner Fassbinder Foundation": "Ein großer Schritt ist uns mit der Sicherung der Stoffrechte an dem Roman Alfred Döblins, die dem Film zugrunde liegen, gelungen. Nach drei Jahren Verhandlung mit dem Kiepenheuer Medienverlag, der die Erben Alfred Döblins vertritt, konnten wir eine Vereinbarung unterzeichnen, die uns in Zukunft die ausschließliche Nutzung der Stoffrechte für Fassbinders Meisterwerk ermöglicht. Der Erwerb dieser Rechte ist eine der wichtigsten Grundlagen für die Neuauswertung von Berlin Alexanderplatz. Seit Juni 2004 führen wir Verhandlungen mit der Bavaria in München, die die ausführenden Produzentenrechte und das Original 16mm Negativ besitzen. Bavaria und RWFF sind sich einig, dass dieses kulturhistorisch bedeutende und wichtigste Werk Fassbinders in neuem Glanze und durch eine weltweite Neuauswertung in Form von Sondervorführungen und auf DVD einer neuen Generation von Zuschauern zugänglich gemacht werden soll. Es gibt zwar noch einige Diskussionen zwischen den Hauptbeteiligten WDR, Bavaria und RWFF über die Bedingungen und Verantwortungsbereiche der Restaurierung - aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg." Der Wille dieser neuen Generation von Zuschauern besteht nun aber, ganz gleich, ob einem das gefällt oder nicht, darin, ihr Interesse an Bildern gegen eine Klasse, die in Verhandlungen und Diskussionen um die Nutzung und Neuauswertung von Stoff- und Produzentenrechten so hoffnungslos verstrickt ist, dass sie nicht einmal merkt, dass ihr die Kontrolle über das Kino längst unwiederbringlich abhandengekommen ist, durchzusetzen, und zwar mit den Mitteln eben jener modernsten Digitaltechnik, von der Fassbinders Erben noch annehmen, sie stünde bei der Bavaria im Keller, nämlich BitTorrent: der ersten Technologie, die es Millionen von Menschen erlaubt, von den Bildern des Kinos einen Gebrauch zu machen, der sich von dem ständigen Lamento, Urheber würden verhungern (oder ihre Nachfahren den Herren Neumann und Kosslick das Buffet nicht zahlen können), wenn "freier, innovativer Umgang mit Bildern" von jener sprachlichen Fertigware, die man toten Autoren alle Jahre wieder auf die Gräber schaufelt, zur Wirklichkeit würde, nicht mehr behelligen lässt, und die eine Art der Bildbearbeitung erlaubt, die, statt sich in Arbeit am Nebenwiderspruch Bild- und Tonqualität zu erschöpfen, Arbeit am Hauptwiderspruch Verfügbarkeit leistet, zum Resultat also kein Meisterwerk mit dem Titel "Berlin Alexanderplatz Remastered" hat, sondern einen Download namens "Berlin Alexanderplatz Redistributed". Denn wo ein Wille ist - denn wo sie recht haben, da haben sie auch recht - da ist auch ein Weg: http://thepiratebay.org/search.php?q=berlin+alexanderplatz -------------------------------------------------------------------------------- Das Wochenende ist also gerettet. Mit Pirate Cinema geht es weiter am Sonntag den 18. Februar um 21:00 Uhr. <-- back |